Gebrauchsanleitung einer außerparlamentarischen Durchdringung der Gesellschaft

Nichts passiert zufällig: Der Schlachtplan zur Öko-Transformation

von Alexander Wallasch (Kommentare: 5)

Meinungsfreiheit und Demokratie sind nur noch störender Ballast bei der Vollendung des Öko-Totalitarismus© Quelle: privat

2008 erschien „Öko“ von Peter Unfried. Der damalige taz-Chefredakteur beschreibt darin einen Umbau der Gesellschaft, der sich wie ein versponnenes Utopia las. Heute liest sich das Buch wie eine frühe Blaupause einer Dystopie der Gegenwart.

Kann ein fünfzehn Jahre altes Buch erklären, wie es in Deutschland zu einer Herrschaft der Öko-Ideologie kam? Der rote Daniel (Dany) Cohn-Bendit, ein enger Weggefährte des grünen Ex-Außenministers Joschka Fischer, hinterließ ein Zitat auf dem Buchrücken von „Öko“:

„Mit Peter Unfrieds Buch beginnt die gesellschaftliche Revolte, die wir brauchen: Die Öko-Revolte.“

Neben der Revolution ist die Revolte nur eine Meuterei, der Aufstand einer kleinen Minderheit, ein begrenzter Aufruhr. Diese von Cohn-Bendit diagnostizierte „Revolte“ begann allerdings viele Jahre vor Unfrieds Buchveröffentlichung. Sie nahm ihren Anfang am Ende der Roten Armee Fraktion, am Ende eines bewaffneten Kampfs gegen das „Schweinesystem“ und schwang sich auf zu einem an Mao orientierten langen Marsch durch die Institutionen.

Aus der Revolte wurde eine Bewegung, die heute erfolgreich alle Bereiche der Gesellschaft durchdringt. Die Ampelregierung setzte dort nahtlos an, wo die Bundeskanzlerin bereits erfolgreich grüne Politik umgesetzt hatte. Und Frau Merkel tat das nicht zuerst aus ideologischer Überzeugung, sondern ihrer nüchternen Analyse folgend, dass die Öko-Revolte unvermeidbar kommen und den politischen Entscheidungen den Takt vorgeben würde.

Wer erfahren will, wie es zur grünen Machtergreifung kam, wie die eng verzahnten Organigramme dieser totalitären Bewegung wachsen konnten, wie sich aus den berechtigten Anliegen örtlicher Bürgerinitiativen dieses Monster der Datensammelleidenschaft, der bedenkenlosen Einschränkung der Freiheitsrechte und der zwanghaften Ideologisierung aller Bereiche des Lebens entwickeln konnte, der findet in Peter Unfrieds „Öko“ ein Missing Link dazu – voilà, die Bauanleitung!

Gemessen an seiner Sorge um den Untergang der Welt war Peter Unfried „Patient 0“ der „Letzten Generation“, freilich noch ohne den gefürchteten Klebereflex.

Bemerkenswert an seiner 2008 in „Öko“ fixierten Gedankenwelt ist der ideologische Einfluss aus den USA von Al Gore bis zu den Silicon-Valley-Eliten. Autor Peter Unfried flog regelmäßig nach San Francisco. Seinen CO2-Fingerabdruck erkennt und thematisiert er zwar, lässt ihn dann aber doch links liegen und entwickelt stattdessen die Idee eines CO2-Ablasses samt Vorschlag, wie sich die privilegierten Eliten beim Prekariat freikaufen können.

In zwei Sätzen erklärt, worum es in „Öko“ geht: Ein ehemaliger Chefredakteur der taz schreibt das Drehbuch für einen Gesellschaftsumbau, als noch niemand über „Die große Transformation“ oder den „Great Reset“ gesprochen hat. Und in einer Mischung aus vorgeschobener Naivität und Sendungsbewusstsein entsteht ein frühes Backrezept der „öko-sozialistischen“ Gesellschaftsordnung.

Am Anfang von „Öko“ steht ein verunsicherter, in Berlin-Kreuzberg lebender Journalist, der sich als Chefredakteur (bis 2009) der taz im Alltagsgeschäft aufreibt und nach einer übergeordneten Orientierung sucht – ein Sinnsuchender. Auf einer USA-Reise schaut Unfried in einem kalifornischen Kino den Klimaanklage-Film „An Inconvenient Truth“ des im Präsidentenwahlkampf gegen Bush junior gescheiterten Al Gore.

So wie andere beim Tierhaltungschocker „Earthlings“ zu Vegetariern wurden, wird Unfried an diesem Tag zum Anhänger einer modernen Version der biblischen Apokalypse, made by Al Gore. In der Selbstbeschreibung des Erlebnisses klingt dies bei Peter Unfried wie ein veritables Erweckungserlebnis.
Tatsächlich sind es gar nicht zuerst die Inhalte, die ihn packen und überzeugt hatten, es ist das Feeling, der Spirit, der Unfried ergriff:

„Was ich aber trotz aller Medienerfahrung und beruflich geschulter Skepsis damals zu fühlen glaubte, dass das Herz dieses Filmes rein ist.“

Zwar deutet der Journalist noch Ungereimtheiten im Klima-Schocker an, dennoch folgt bei ihm ein Glaubensbekenntnis von Al Gore selbst – Unfried wird seinen neuen Meister aus Übersee später noch live in Berlin erleben:

„Es ist eine gemeinsame, moralische Sache, für die wir uns über unsere Grenzen erheben müssen.“

Mit einem „Bumm“ kommentiert der Autor diesen Satz von Al Gore in seinem Buch, als wäre er schon Teil eines neuen öko-sozialistischen Evangeliums.
Und wie es sich für jede religiöse Gemeinschaft gehört, bevorzugt auch Unfried keine basisdemokratische Organisation, sondern eine hierarchisch-elitäre. Dieser Idee einer Führung der Wissenden oder der Weisen, von außen betrachtet wahlweise der Scharlatane, widmet Unfried gleich mehrere Absätze in seinem Buch „Öko“.

Eine Zwischenüberschrift lautet: „Warum wir eine neue gesellschaftliche Elite brauchen“.

Unfried hält den parlamentarisch-demokratischen Weg 2008 für überholt und viel zu träge für die Weltrettung. Demokratie als mühsames Geschäft. Der Sieg müsse außerhalb der Parlamente errungen werden:

„Der Aufstieg Gores vom gescheiterten Super-Loser zum außerparlamentarischen, planetaren Ober-Präsidenten ist beispiellos.“

Mehr Heiligsprechung geht kaum im Gepäck der Geringschätzung demokratischer Wahlen und ihrer gewählten Volksvertreter. Hier ist Unfried dann rückblickend kompatibel mit den modernen rechten außerparlamentarischen Bewegungen der vergangenen Jahre.

So orientiert sich auch der Verleger Götz Kubitschek, der sich selbst einer Neuen Rechten zuordnet, an einem linken Aktivismus. Und die Identitäre Bewegung von Martin Sellner, die eng mit Kubitschek vernetzt ist, lebt eine Protestkultur, die sich ebenfalls am Aktionismus einer linksgrünen Gegenkultur orientiert.

Parallelen gibt es bei Unfried auch zur rechten „Ein-Prozent“-Bewegung, die für sich reklamiert, dass schon mit einem Prozent der deutschen Bevölkerung die kritische Masse erreicht wäre, was positive politische Relevanz und Gedankengut angeht.

Zur Erinnerung: Die Grünen waren 2017 die kleinste Fraktion im deutschen Bundestag. Selbst die neu eingezogene AfD hatte mit 12,6 Prozent noch 3,7 Prozentpunkte mehr als die Ökopartei. Die aber saßen damals bereits fast 35 Jahre im Bundestag.

Schon eine Legislatur später bestimmen die Grünen auf einmal die Politik der Ampel-Regierung. Wie es dazu kommen konnte, ist bereits in „Öko“ angelegt. Hier ist das Buch die Gebrauchsanleitung für den Siegeszug.

Peter Unfrieds naiver Begeisterung für seinen religiös aufgeladenen grünen Totalitarismus ist es zu verdanken, dass die Mechanismen dieser Machtergreifung heute in einer Anleitung von 2008 nachzulesen sind.

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Naivität? Unfried erzählt allen Ernstes, dass er nach dem Al-Gore-Film nie mehr den Wärmepilz auf der Terrasse angeschaltet habe. Auch schwärmt er davon, dass er sich immer den neuesten Kühlschrank mit noch einem Öko-Sternchen mehr auf der Haube kaufe.

„Dass man ein Thema zum Spektakel aufbauen muss“, erzählt der Autor, „um es global zu ‚verkaufen‘“, wüssten heute sogar die Umweltbewegungen. Unfried zitiert hier auch begeistert die österreichische Philosophin Isolde Charim, die nach einer „moralischen Autorität“ ruft, welche die politische ersetzen soll.

Hier sind Angela Merkels „humanitärer Imperativ“ und auch die Legitimation für den Rechtsbruch der Klimaradikalen bereits angelegt. Für das Spektakel sei „Moral ein guter Inhalt aufgrund seiner Ingredienzen Schuld, Läuterung und Widergutmachung. (…) Klimawandel spreche das Individuum in dreierlei Hinsicht an: Als tätiges Subjekt, als von der selbstverschuldeten Apokalypse bedrohtes Objekt, als Konsument eines Spektakels, bei dem „Politik in ein Woodstock-Gefühl eingeschrieben wird, ein coming-together, um die Welt zu verbessern“.

So steht’s bei Peter Unfried in „Öko“. Und es ist auch so gemeint. Da ist weit und breit kein Augenzwinkern oder eine hochgezogene Braue als Rettungsanker vor dieser dystopischen Weltenrettung erkennbar. Unfried setzt auf Marketing: Wer nicht gewählt wird, der soll die Öffentlichkeit über modernes Marketing erreichen, wenn er „mit einem politischen oder moralischen Thema“ punkten will. Unfried ist schon 2008 ein großer Freund des Internets: „Sicher hat das Internet viel zur Vernetzung einer anti-parlamentarischen Szene beigetragen“.

Das erklärt dann allerdings auch, warum die Grünen heute die größten Verfechter einer Zensurkontrolle des Internets geworden sind. Sie brauchen es nicht mehr. Minister wie Robert Habeck (Grüne) oder Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sind längst raus aus Twitter, der digitale Mohr hat seine Schuldigkeit getan, Meinungsfreiheit und Demokratie sind nur noch störender Ballast bei der Vollendung des Öko-Totalitarismus.

Gemessen an der institutionellen und gesellschaftlichen Durchdringung waren die beiden deutschen Diktaturen demgegenüber mörderische zwar ... aber doch Novizen.

Unfried denkt sich an einer Stelle von „Öko“ in die Rolle eines Karriereberaters hinein. Er empfiehlt seinem „Star“ die Anschaffung eines Solarhauses. „Kein Solarhaus? Das würde ihn zu einem totalen Außenseiter machen. Er wäre gesellschaftlich erledigt“ schreibt Unfried. Und er schreibt es aus tiefster Überzeugung: Ausgrenzung, Diffamierung und Stigmatisierung als erwünschte Ziele zur Durchsetzung der angestrebten Klimaideologie.

Unfrieds an vielen Stellen sympathisch erscheinende, teils vorgeschobene Naivität wird rückblickend zu einer radikalen Offenheit: Wären „Öko“ und Unfried bekannter geworden, die Bewegung hätte ihn womöglich als Verräter betrachtet und nicht nur als belächelten Helfershelfer von Al Gore.

Der Autor hat etwas ausgeplaudert. „Öko“ müsste heute eigentlich Pflichtlektüre für alle Oppositionellen sein, wenn diese nicht schon selbst so von der woken Öko-Bewegung durchdrungen wären.

Unfrieds grün eingeschlagenes Buch erstaunt im Rückblick ein ums andere Mal: Sogar Greta Thunberg ist in „Öko“ bereits als Idee angelegt. Und die schwedische Öko-Heilige war damals gerade fünf Jahre alt.

Peter Unfried wusste schon 2008 um die Bedeutung einer Greta, allein ihm fehlte noch die ganz große Vision. So kam er nur bis zu Prominenten wie der deutschen Schauspielerin Christina Paul, die er samt eines gemeinsamen geschriebenen Bekenntnisbuchs zu einer Vorzeige-Umweltaktivistin mit allerdings mäßigem Erfolg ummodeln wollte.

Was Unfried damals schon wusste:

„Es wird nicht einfach, aber es muss sein: Es braucht die Konsum-Avantgarde (also uns), eine Medienelite und die Prominenz.“

Das steht da alles schwarz auf weiß. Und Unfried wünscht sich von Leitartikeln in Zeitungen, sie sollen als „Moraltheorie“ wirken, wo er ganz sicher "Moralkeule" meint.

„Öko“ bietet Stoff für eine umfangreiche noch tiefergehende Analyse. Hier wurde bisher nur an der Oberfläche gekratzt. Unfried wünscht sich ein gesellschaftliches Klima, in dem es für Journalisten karrierehemmend sein soll, wenn man kein Öko ist. Unfrieds Ideal war es 2008, eine „ökologisch-soziale Moral“ in das Verständnis von Bürgerlichkeit zu integrieren.

In „Öko“ sind die Blaupausen hin zu den Verwerfungen der Gegenwart angelegt. Aber eine Sache bleibt dann doch verstörend: Peter Unfried wirkt wie ein sympathischer und nachdenklicher Typ. Irgendwas ist da passiert in diesem Kino in Kalifornien.

Und man fragt sich dann, was passiert wäre, wenn Unfried stattdessen daheim im Programmkino namens "Babylon Kreuzberg" das im selben Jahr wie sein Buch erschienene Drama „Die Welle“ gesehen hätte. Ein Film, der eindrucksvoll vorführt, wie autokratische faschistoide gesellschaftliche Strukturen entstehen.

Der Artikel erschein bei Alexander-Wallasch.de zum ersten Mal im März 2023

Anmerkung: Alexander Wallasch kennt Öko-Autor Peter Unfried noch aus der Zeit gelegentlicher Arbeiten für die taz. Beide haben beruflich und auch privat miteinander zu tun gehabt. Das Verhältnis war immer getragen von gegenseitiger Wertschätzung.

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